Neugierig, wissbegierig und interessiert sind Kinder von Geburt an. Ihre Aufgabe ist es, sich zu entwickeln und zu lernen. Sie stellen sich ihre eigenen Aufgaben und Ziele und geben nicht auf, egal wie oft es misslingt.
Wir wachsen an unseren Aufgaben. Dies gilt für Erwachsene genauso wie für Kinder. Es gilt für Eltern die Balance zu finden, damit Kinder weder über- noch unterfordert sind.
Wichtig ist es mir, an dieser Stelle noch zu sagen, dass im Zweifel bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen Fachstellen hinzugezogen und um Rat gefragt werden.
Kinder begreifen die Welt

Beispiel:
Marlene (17 Monate) nimmt das saubere Sandförmchen in die Hand, dreht es, nimmt es ausgiebig in den Mund und legt es in den Sand. Mit beiden Händen greift sie den Sand. Er rieselt zwischen ihren geballten Fäusten heraus. Erstaunt öffnet sie die Hand und sieht, dass diese leer ist. Mit zwei Fingern versucht sie erneut, den Sand zu greifen.
Wie lernen Kinder ?
- Kinder begreifen die Welt mit allen ihren Sinnen. Ihr Gehirn entwickelt sich rasant, Synapsen entstehen.
- Kinder müssen sich sicher fühlen, um die Welt zu erkunden. Sie brauchen Eltern, die adäquat auf ihre Bedürfnisse eingehen. Sicherheit bekommen sie durch eine sichere und verlässliche Bindung zu ihren Bezugspersonen.
- Kinder lernen über Beziehung. Sie benötigen Eltern, die ihnen die Welt erklären und sie ernst nehmen.
- Kinder brauchen das reale Leben zum Lernen, zum Begreifen. Handys, Fernsehen oder andere Medien sind kein Ersatz.
- Kinder folgen ihrem inneren Entwicklungsplan. Genau ist dort abgespeichert, welche Bewegungsabläufe nötig sind, um den nächsten Entwicklungspunkt zu erreichen. Bsp., bevor sie sich das erste Mal alleine hinsetzen, üben sie zahlreiche kleinere Bewegungsabläufe ein. Diese sind nötig, um stabil und sicher alleine zu sitzen.
Wie können Eltern sie unterstützen ?
- die Eltern können den Kindern unterschiedliche ungefährliche Materialien anbieten
- Eltern schaffen einen sicheren Raum, in dem die Kinder sich ausprobieren können
- Entwicklung braucht Zeit und Ruhe. Eltern schenken den Kindern viel unverplante Zeit.
- Eltern bringen Kinder nicht in Situationen, die sie nicht selbst einnehmen können, da dies bei den Kindern häufig zu Unsicherheit führt. Bsp: vor einiger Zeit gab ich Kurse für Eltern mit ihren Säuglingen. Genau konnte man den Unterschied sehen, ob ein Kind aus eigenem Antrieb sich hinsetzte oder hingesetzt wurde. Ein Kind, das von den Eltern alleine und ohne gestützt zu werden, hingesetzt wird, schwankt. Seine Körperhaltung / Mimik drückt Unsicherheit aus. Außerdem kann es sich nicht alleine aus dieser Situation befreien. Wieder einmal ist es von anderen abhängig. Ein Kind, das jeden einzelnen Bewegungsablauf vor dem eigentlichen Sitzen eingeübt hat, sitzt stabil. Seine Körperhaltung drückt Stolz aus. Es weiß, wenn ich es allein in diese Situation geschafft habe, werde ich es auch wieder heraus schaffen. Aus eigenem Antrieb hat es wieder etwas Neues gelernt.
- Eltern begleiten die Entwicklungsschritte ihrer Kinder mit Worten, anstatt sie zu bewerten. Wenn Kinder ständig in Situationen gebracht werden, die sie noch nicht alleine einnehmen können oder wenn jeder größerer Erfolgsschritt (erste Mal sitzen, laufen) mit übermäßigem Lob gefeiert wird, baut dies möglicherweise Druck auf. Den Kindern wird dann vermittelt, dass sie nicht genügen, dass die kleinen Zwischenschritte auf dem Weg nicht wichtig sind. Bsp: in meinen Kursen habe ich Kinder erlebt, die, wenn sie übermäßig gelobt wurden, neue Bewegungsmuster nur noch in unbeobachteten Momenten geübt haben. Besser ist es mit Worten auch die kleinen Zwischenschritte zu begleiten.
Kinder fordern Eltern auf……
- …..Kinder nicht miteinander zu vergleichen. Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus
- ….sich von anderen Eltern und den zahlreichen „Erziehungsexperten“ abzugrenzen, denn sie wissen, dass jede Familie ihren eigenen Entwicklungsweg geht. (mehr dazu bei gelassene Eltern )
- …..dem Entwicklungsplan ihrer Kinder zu vertrauen.
- …. geduldig zu sein. Entwicklung ist kein Sprint, sondern eine lange Wanderung.
Kinder setzen sich Ziele

Beispiel:
Anton (9 Jahre) spielt am liebsten draußen. Als er in einem Buch von einem Baumhaus liest, ist er sofort Feuer und Flamme. Gemeinsam mit seinen Eltern überlegt er, wie dieses aussehen kann. Bei ihrem nächsten Besuch im Wald, setzen sie gemeinsam die Idee um.
wie lernen Kinder ?
- Idealerweise lernen Kinder intrinsisch motiviert, von ihrem eigenen inneren Interesse angetrieben.
- Sie nehmen sich Ziele vor und setzen diese mit Ausdauer und Konzentration um, wie in unserem Beispiel erkennbar ist. Ihre selbstgesteckten Ziele können der Bau eines Baumhauses sein, genauso wie das Balancieren auf einer Mauer, auf einem Bein hüpfen oder der Säugling, der sich die Aufgabe gestellt hat, sich zu drehen, zu setzen.
- Kinder lernen ganzheitlich. Bei dem Bau des Baumhauses lernt Anton nebenbei etwas über Statik (wie müssen die Äste aufgestellt werden, damit das Baumhaus stabil ist), Biologie ( die unterschiedliche Beschaffenheit von Hölzern ), Deutsch ( er diskutiert mit seinen Eltern darüber, wie ein Baumhaus aussieht und muss sie sicherlich erst überzeugen), und und und.
Wie können Eltern sie unterstützen?
- Eltern ermöglichen den Kindern unverplante Zeit. Langeweile, Nichts-tun ist wichtig für die Kreativität
- Eltern machen den Kindern Angebote. Sie beobachten sie, erkennen ihre Interessen und Bedürfnisse und schaffen ihnen den Raum. Bsp.: Bücher, die interessieren, Sportangebote, Ausflüge
- Kinder haben viele Fragen. Sie wollen die Welt verstehen und dafür benötigen sie Eltern, die ihnen zuhören und Fragen ernsthaft beantworten oder gemeinsam mit den Kindern die Antwort suchen.
- Eltern sind geduldig und nehmen sich Zeit für die Kinder. Lernen braucht Zeit und ein Gegenüber, das Antworten gibt
- Eltern greifen die Ideen ihrer Kinder auf und finden gemeinsam mit ihnen Wege, diese umzusetzen.
- Eltern sind die Auftragnehmer ihrer Kinder. Sie stellen ihr eigenes Wissen hinten an und lassen ihre Kinder ausprobieren. Ohne ein „ich habe es doch gleich gesagt“ oder „war ja klar, dass es nicht funktioniert“ – wenn es mal schiefgeht.
Kinder fordern Eltern auf…..
- ….ihre Komfortzone zu verlassen und sich auf den Augenblick einzulassen.
- …. ihr eigenes Wissen zur Seite zu stellen und stattdessen den Kindern helfen, Experten zu werden.
- ….die Welt mit den Augen der Kinder zu sehen. Neugierig und wissbegierig.
Kinder nehmen ihre Umgebung in sich auf

Beispiel:
Wenn Tom (5 Jahre) und sein Vater die Straße entlang gehen, erkennt man schon von weitem das sie aus einer Familie stammen. Tom hat die gleiche Körperhaltung, beim gehen verschränkt er seine Hände wie sein Vater hinter seinem Rücken. Genau wie sein Vater wird er schnell wütend, wenn ihm etwas nicht sofort gelingt.
Wie lernen Kinder?
- Wie ein Chamäleon passen sich Kinder ihrer Umgebung an. In einer Atmosphäre z. Bsp. in der die Kinder ausgelacht, beschämt und mit ignorieren bestraft werden, lernen sie sich zurückzuziehen oder fallen ins andere Extrem und rebellieren dagegen.
- Bewusst und unbewusst imitieren Kinder ihre Eltern und Bezugspersonen. Dabei reagieren sie auf die Art, wie ihre Eltern sind und nicht was sie vorleben wollen. (Bsp.: Annas Mutter ermahnt Anna ständig, dass sie respektvoll mit ihrem jüngeren Bruder umgeht und ihm z.Bsp. nicht immer anschreit nur weil er auf ihre Worte nicht reagiert. Respekt sieht Annas Mutter als einen wichtigen Wert an. Was ihre Mutter nicht sieht, dass sie selber Anna sofort anschreit, wenn diese nicht auf sie hört.
- Kinder entwickeln aus der Art und Weise, wie ihre Eltern und ihre Umgebung mit ihnen umgehen ihr Bild von sich selbst.
Wie können Eltern sie unterstützen?
- Eltern schaffen Kindern eine Atmosphäre in der sie sich entwickeln können. Kinder brauchen die Gewissheit, dass sie Fehler machen dürfen, ohne bewertet oder abgewertet zu werden.
- Eltern setzen Kindern klare Grenzen, an denen sie sich orientieren können und die ihnen Sicherheit bieten. (Bsp.: Martha (3 Jahre ) darf sich auf dem Spielplatz frei bewegen, die Bedingung ihrer Eltern ist, dass sie in Sichtweite bleibt und das Gelände nicht verlassen darf.)
- Kinder brauchen Vorbilder, die authentisch und echt sind. Die sich entschuldigen, wenn sie Fehler gemacht haben und den Kindern viel erklären.
- Kinder brauchen Zeit, um sich auszuprobieren und Erwachsene, die sie ernst nehmen und ihnen zuhören.
Kinder fordern Eltern auf….
- …..sich selbst zu reflektieren und ihr Verhalten ggfalls zu verändern.
- …..eigene Fehler zuzugeben
Kinder erforschen ihre Umgebung

Beispiel:
Emma ( 4 Jahre ) kommt aus dem Kindergarten nach Hause. Als sie beim Essen sitzen und ihr kleiner Bruder zu weinen beginnt, weil er keine Erbsen will, sagt sie zu ihm: „Opfer.“ Fassunsglos sehen ihre Eltern sie an. Emma grinst stolz. Die coole Annika aus ihrer Kindergartengruppe, die bereits 6 Jahre alt ist, hat das zu einem Jungen aus der Kindergartengruppe gesagt, als der geweint hatte. Endlich hatte Emma die Gelegenheit das Wort anzuwenden. Im Kindergarten traute sie sich nicht, da die Erzieher mit Annika geschimpft hatten. Ihr Vater tröstet ihren Bruder, während sich die Mutter ruhig zu Emma wendet und sie fragt: „weißt du was das bedeutet?“ Emma schüttelt den Kopf. Sie weiß nur, dass es sich cool anhört und lustige Reaktionen bei den anderen hervorruft. Ruhig erklärt ihr die Mutter die Bedeutung des Wortes und seinen Sinn.
Wie lernen Kinder ?
- Kinder testen die Reaktionen ihrer Eltern, um zu lernen, wie Menschen reagieren. (Bsp Schimpfwörter). Das gleiche Wort kann die unterschiedlichsten Reaktionen hervorrufen, abhängig davon, wo und wem gegenüber es ausgesprochen wird.
- Kinder testen die Reaktionen ihrer Eltern, um zu wissen, ob diese verlässlich sind. Reagieren die Eltern jeden Tag gleich gibt das den Kindern Sicherheit. Dann erfahren sie, dass sie sich auf ihre Eltern verlassen können.
- Kinder erforschen ihre Umgebung. Sie bauen mit Bauklötzen und lernen, wann ein Turm umfällt. Sie rennen und springen und lernen ihren eigenen Körper kennen.
Wie können Eltern sie unterstützen?
- Eltern, die wissen, dass ihre Kinder ausprobieren, um die Reaktionen der Eltern kennenzulernen, nehmen die Worte und Handlungen der Kinder nicht persönlich. Mit ruhiger Stimme erklären sie ihnen die Bedeutung von Worten, sagen den Kindern mit einer ich-Botschaft, wenn sie etwas nicht wünschen.
- Eltern reagieren verlässlich. Ausnahmen erklären sie den Kindern, damit sie sie nachvollziehen können. (Bsp.: Den Eltern von Cosima ist es wichtig, dass erst alle am Tisch sitzen, bevor mit Essen angefangen wird. Als Cosimas kleiner Bruder auf die Welt kommt, gelingt dies nicht mehr. Da er in der Anfangszeit viel schreit, wechseln die Eltern sich mit dem Essen ab. Sie erklären Cosima die Veränderung und überlegen mit ihr gemeinsam, wie sie die Regel abändern wollen. )
- Eltern, die wissen, dass Kinder sich ausprobieren müssen, dass sie ihren Körper kennenlernen, begleiten sie dabei mit Worten. Wenn etwas schief geht, trösten sie und ermuntern sie, es weiter zu versuchen.
Kinder fordern Eltern auf….
- …..ihr Verhalten nicht persönlich zu nehmen
- …. geduldig mit ihnen zu sein
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.